Hommage an eine fremde Stadt
Am Anfang war das Licht. Orange und gelblich. Bläulich und grün. Ich bin schon viele Städte bei Nacht angeflogen, und überall war es dasselbe: hell, weiß, nüchtern. In Kairo nicht. Hier vergehen in der Nacht Staub, Dunst und drückende Hitze und geben die 16-Millionen Metropolregion mit ihren schmutzigen Gassen, staubbedeckten Sandsteinbauten und dunstverhangenen Minarett-Türmen frei. Mit der Sonne weichen auch Hektik und Lärm, und was zurückbleibt sind in buntes Licht getauchte Straßen und Gebäude, das Grün der Moscheen und der Zauber aus tausendundeiner Geschichte. Die Nacht macht Kairo schön. Sie verdeckt Vieles – aber nicht jenes Unvollkommene und jene Lebendigkeit, die Kairo und seine Bewohner ausmacht.
Kairo ist anders. Die 25-Piaster-Scheine so alt, dass sie weich wie zerschlissene Taschentücher unten den Fingern zu leben scheinen. Das frische, zum Teil unbekannte Obst an jeder Straßenecke. Selbst McDonalds, Leuchtturm der Gleichförmigkeit weltweit: Hier treffen sich jungen Mädchen, Hunderte von ihnen, die sich zu Acht eine kleine Pommes teilen. Weil sie hier auch als Frau allein bedient werden.
Oder das reiche Kairo. Die Touristen bei nächtlichem Diner unter den illuminierten Pyramiden. Der Hausmeister, der sich für eine kleine Gefälligkeit mit einer Dose Bier entlohnen lässt. Die Herzlichkeit der Männer untereinander und jener fremdartige Respekt den Frauen gegenüber. Handeln als Lebensart. Alles ist anders. Alles.
Die Ruhe im Sturm. Das Innehalten. Die Langsamkeit. Die Bewegungslosigkeit. Ich habe im Wust und steten Treiben Orte gefunden, die dennoch Abseits sind. Ich habe das Kleine im Großen portraitiert. Das Fehlen des Erwarteten. Und die Menschen habe ich ein Teil davon sein lassen.
Ich habe das Kairo gesucht, das nicht vorzeigbar ist. Mit einer alten Mamiya C330 in der Hand. Nicht das schmutzige Kairo, das Bigotte, das Korrupte. Sondern das Schöne darin.